Die Inventur

1. Definition des Begriffs Inventur

Als Inventur bezeichnet man die lückenlose wert- und mengenmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag).

Grundsätzlich ist bei der Inventur die Menge eines Gegenstandes exakt zu bestimmen. Dies kann durch zählen, messen oder wiegen geschehen. Aber auch die Anwendung anerkannter mathematisch-statistischer Methoden auf Grund von Stichproben ist möglich, wenn das Ergebnis einer körperlichen Bestandsaufnahme gleichkommt (§ 241 Abs. 1 HGB).

2. Grundlagen der Inventur

Gemäß § 240 Abs. 1 HGB hat jeder Kaufmann zum Jahresende seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines Bargelds sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände im sogenannten Inventar zu verzeichnen. Freiberufler und Unternehner, die ihren Gewinn per Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermitteln sind von dieser Verpflichtung ausgenommen. Die Bestandsaufnahme selbst bezeichnet man als Inventur.

Die Inventur, die jährlich durchzuführen ist, dient neben der Feststellung des richtigen Jahresergebnisses auch der Überprüfung und eventuellen Korrektur der buchhalterischen Bestände.

WICHTIG! Die ordnungsgemäße Inventur ist eine der Voraussetzungen für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Bei nicht ordnungsgemäßer Buchführung kann das Finanzamt den Gewinn teilweise oder vollständig schätzen.

Körperlich aufgenommen werden bei der Inventur Sachgegenstände, also in erster Linie die Vorräte aber auch das materielle Anlagevermögen.

Forderungen, immaterielle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten sind dagegen durch unterschiedliche Dokumente nachzuweisen (z. B. Grundbuchauszüge, Depotbestätigungen, Depotauszüge, Vertragsunterlagen, Saldenlisten, Saldenbestätigungen, Kontoauszüge etc.).

2.1 Körperliche Bestandsaufnahme von Sachanlagevermögen

Der Anlagebestand unterliegt weit weniger Schwankungen als die Vorräte und ist vom Umfang her auch schneller aufzunehmen. Außerdem sind die Zugänge und Abgänge des Anlagevermögens in der Regel auf den Anlagekonten der Finanzbuchhaltung verbucht. Die Fortschreibung der Anlagegegenstände erfolgt im Anlageverzeichnis.

WICHTIG! Achten Sie bei Ihrem Gang durch das Unternehmen auch auf die Aufnahme von Leasinggegenständen und in Zahlung gegebene Anlagegüter, die in der Buchhaltung nicht erfasst wurden.
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2.2 Körperliche Bestandsaufnahme der Vorräte

Für die Durchführung der Inventur sind umfangreiche organisatorische Vorbereitungen zu treffen. Termine und Verantwortliche sollten für die nachstehend aufgeführten Tätigkeiten in einem einmal jährlich durch die Geschäftsleitung erstellten Inventurkalender erfasst werden:

1.Ein von der Geschäftsleitung bestimmter Inventurleiter ist für die Planung und Durchführung der Inventur verantwortlich.

2. Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit ist für jede Inventur ein Inventurprotokoll zu führen, das alle wesentlichen Tötigkeiten die im Zusammenhang mit der Inventur vorzunehmen sind, enthält.

3. Der Inventurleiter hat das Unternhmen in Aufnahmebereiche aufzuteilen und in einem Lageplan den Einsatz des Aufnahmepersonals und des Prüfers festzulegen.

4. Um die Vollständigkeit zu gewährleisten, müssen Vorkehrungen getroffen werden, wie die am Inventurtag eingehenden Waren und Betriebsstoffe erfasst werden können.

5.Das Aufnahmepersonal, Aufsichtspersonen und Prüfer dürfen nicht aus der Lagerverwaltung oder der Buchhaltung kommen, um Eigeninteresse und Manipulationen auszuschließen. Da in vielen Unternhemen als Inventurhelfer oft Aushilftskräfte herangezogen werden, ist es zweckmäßig diesen Merkblättter und Ausfüllhilfen auszuhändigen.

6. Zur Vorbereitung der Inverntur gehört auch die Erstellung von Aufnahmelisten. Auf diesen sollten die Artikelnummer, die Artikelbezeichnung, die Einheit (Stück, Kilogramm,Meter usw.) vorgedruckt sein. Darüber hinaus sollten die Aufnahmelisten Felder enthalten, in denen das Datum, der Zeitraum der Aufnahme, der Aufnahmebereich, die Beschaffenheit und Ähnliches festgehalten werden können. Handschriftliche Eintragungen müssen mit Kugelschreiber o. Ä. auf nummerierten und von der Aufnahmeperson quittierten Aufnahmevordrucken gemacht werden. Unrichtige Einträge müssen so durchgestrichen werden, dass sie noch lesbar bleiben. Vermerkt werden das Datum derAufnahme, der Aufschreiber und evtl. der Prüfer.

7. Bis zum Beginn der Inventur sind die Lager aufzuräumen und die Bestände übersichtlich zu ordnen. Gleiche Gegenstände sind zusammenzulegen. Fremde Vorräte, minderwertige, überzählige und unentgeltlich erworbene Gegenstände sollten getrennt aufbewahrt werden und entsprechend gekennzeichnet sein.

8.Wenn ein Aufnahmebereich vollständig aufgenommen ist, kann die Prüfung beginnen. In der Regel ist die stichprobenweise Nachzählung jeder zehnten Position ausreichend.

2.3 Festlegung der Inventurbereiche

Je nach der Größe Ihres Unternehmens sollten Sie folgende Aufnahmebereiche festlegen um Doppelzählungen und Unterlassungen zu vermeiden:

• Lager
• Verkaufsflächen/Verkaufsräume
• Produktionsräume
• Lieferantenlager
• Kundenlager
• Kommissionsware
• Unterwegsware

• Sonstige Gegenstände

2.4 Personalplan

Der Inventurleiter erstelt einen Personalbedarsplan. Am Inventurtag ist namentlich festzulegen:

• Schreiber
• Zähler
• Kontrolleure

Der Grundsatz „je Aufnahmeteam ein Mitarbeiter“ sollte eingehalten werden. Spätestens 14 Tage vor dem Inventurtag sollte durch den Inventurleiter geprüft werden, ob die Inventur personell gesichert ist, bzw. wieviel Inventurpersonal noch benötigt wird.

WICHTIG! Lieber zuviel gemeldete Inventuraushilfen als zuwenig (Krankheit etc.)

2.5 Aufnahmeplan

Jedem Aufnahmeort wird ein verantwortliches Aufnahmeteam und ein Kontrolleur namentlich zugeordnet. Je Aufnahmeteam sollte ein eigener Mitarbeiter mitwirken. Wenn personell möglich, sollte weder das Aufnahmeteam noch der Kontrolleur im normalen Geschäftsbetrieb für den Aufnahmeort verantwortlich sein. Diese Tätigkeiten müssen im Inventurprotokoll dokumentiert werden. Vor Beginn der Inventur sind Zähler und Schreiber für jeden einzelnen Inventurberecih namentlich zu benennen.

WICHTIG! Bei der Zusammenstellung des Teams sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Mitarbeiter persönlich und fachlich für diese Aufgabe geeignet sind. Das Aufnahmeteam sollte möglichst nicht nur aus externen Mitarbeitern zusammengestellt werden.

Mehrere Inventurbereiche sollten zu Gruppen zusammengefasst werden. Für diese ist eine Inventuraufsicht zuständig, die namentlich zu benennen ist. Die Inventuraufsicht ist für die Klärung von Zweifelsfragen der Durchführung, der Klärung von Differenzen sowie für die Stichprobenkontrolle zuständig.

2.6 Schulung des Personals

Das Inventurpersonal sollte etwa 1 bis 2 Wochen vor dem Inventurstichtag umfassend und ausführlich geschult werden.

Der Umfang der Schulung ist abhängig von der Aufgabenstellung des jeweiligen Mitarbeiters. Dementsprechend hat die Schulung des Inventuraufsichtspersonals die gesamte Inventuranweisung zum Inhalt. Die entsprechenden Unterlagen sind dem Aufsichtspersonal auszuhändigen und vom Empfänger zu quittieren.

Zähler und Schreiber brauchen hingegen nur im Hinblick auf die Tätigkeiten während der inventur geschult werden.

Die zweite Schulung findet unmittelbar vor der inventur im Rahmen einer Einweisung statt.

Die Schulungen sind vom durchführenden und teilnehmenden Personal zu quittieren. Die durchgeführten Schulungen sind im Inventurprotokoll zu dokumentieren.

2.7 Wesentliche Fehlerquellen bei der Inventur

• Fehlende oder nicht eindeutige Preise
• Fehlende oder nicht eindeutige Mengen
• Fehlende oder nicht eindeutige Warengruppen
• Fehlendes Aufnahmedatum (darum sämtliche Belege mit Datum versehen)
• Fehlende Artikelbezeichnung
• Nicht entwertete Leerzeilen
• Fehlende Unterschriften
• Tragetaschen sind Waren und kein Verpackungsmaterial
• Falsche Preise bei Sonderangeboten und Sonderaktionen (diese sind zum regulären Preis und nicht zum Angebotspreis aufzunehmen)

3. Zeitliche Planung

Die gesamte Inventur ist durch die Inventurleitung zeitlich zu planen. In den Inventurplan sind alle Tätigkieten die mit der Inventur zusammenhängen aufzunehmen. Der Zeitplan ist schriftlich festzuhalten und den Verantwortlichen vor Beginn der Inventurarbeiten auszuhändigen.

Der Inventurleiter hat dafür zu sorgen, dass alle benötigten Belegarten vorhanden sind und

• die Aufnahmebelege fortlaufend nummeriert sind
• ihre Vollständigkeit vor und nach der Inventur geprüft wird

• die Tätigkeiten im Inventurprotokoll dokumentiert sind
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3.1 Aufnahmebeleg und Aufnahmelisten

Zur Vorbereitung der Inventur gehört die Erstellung von Aufnahmelisten. Auf diesen ist die Artikelnummer, die Artikelbezeichnung und die artübliche Einheit (Stück, Kilogramm, Meter usw.). bereits vorgedruckt. Ferner sollten die Aufnahmelisten Felder enthalten, in denen das Datum und der Zeitraum der Aufnahme, der Aufnahmebereich und Angaben über Beschaffenheit, Alter etc. fesgehalten werden können.

WICHTIG! Der Inventurleiter hat dafür zu sorgen, dass alle für die Durchführung der Inventur erforderlichen Unterlagen rechtzeitig und in ausreichender Menge vorhanden sind.

Hierzu gehören:

• Lageplan (grafische Darstellung der Lagerplätze)
• Personalplan
• Laufzettel und Merkblatt für Aushilfen
• Artikellisten
• Schreibmaterial

Im Besonderen ist darauf zu achten, dass ausreichend Vordrucke zum bestimmten Inventurtermin vorhanden sind. Wichtig ist außerdem, dass diese termingerecht, vollständig und richtig bearbeitet werden und nach Abschluss der Inventur in geordneter Form gesammelt und zur weiteren Bearbeitung übergeben werden.

Soweit erforderlich, sind in ausrecihender Menge technische Geräte und Hilfsmittel zu besorgen, wie

• Leitern
• Tische
• Stühle
• Waagen
• leere Kisten
• Rechenmaschinen
• Handscanner
• Notebooks

Wichtig ist auch, dass den Aufnahmeteams ausreichend Getränke und Verpflegung zur Verfügung stehen.

3.2 Terminsetzung

Information über Inventurtermine an Dritte, z. B.

• Lieferanten
• Spediteure
• Kunden

Diese Tätigkeiten sind im Inventurprotokoll zu dokumentieren.

Die rechtzeitige Information der Kunden und Lieferanten dient vor allem der Vermeidung von Missverständnissen und Störungen bei der Inventur.

4. Grundsätze der Inventuraufnahme

Um eine richtige, vollständige und nachvollziehbare Inventur zu gewährleisten, ist folgendes zu beachten:

• Sämtliche Aufzeichnungen sinde mit Kugelschreiber zu fertigen. Bleistifte sind nicht zulässig
• Falsche Eintragungen sind zu streichen. Das Korrigierte muss lesbar bleiben
• Während der gesamten Inventur sind Warenbewegungen nicht zulässig
• Auf beschriebenen Aufnahmebelegen werden nicht genutzte Zeilen und Spalten vor der Rückgabe durchgestrichen
• Die genutzten Unterlagen sind vom Schreiber und Zähler mit Datum und Unterschrift zu versehen
• Kurze, stichpunktartige Einweisung des Personals
• Laufzettel der Aushilfen ausfüllen (Anmeldung, Pausen, Abmeldung, Arbeitseinsatz)
• Tätigkeiten dokumentieren
• Schreiber erhält Listen und Ausfüllanweisungen
• Schreiber quittiert die Vollständigkeit
• Tätigkeit in Inventurprotokoll eintragen
• Beschädigte Ware oder Artikel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum werden nicht aufgenommen
• Waren mit gleichem Verkaufspreis, die nicht unmittelbar nebeneinander lagern, dürfen nicht zusammen erfasst werden
• Verschriebene und/oder leere Blätter dürfen nicht vernichtet werden
• Leere Zeilen sind durch Striche zu entwerten

5. Abschlussarbeiten

Nach Beendigung der Inventuraufnahme gibt der Aufnehmende die Inventurunterlagen vollständig und unterschrieben an den Inventurleiter zurück.

Der Inventurleiter prüft:

• Die Vollständigkiet der zurückgegebenen Unterlagen
• Richtigkeit und Vollständigkiet der Eintragungen
• Vorhandensein der nötigen Unterschriften
• Anzahl der beschriebenen und unbeschriebenen Unterlagen
• Vollständigkeit der Aufnahme aller Aufnahmeorte
• Stichproben durch Inventurleiter
• Dokumentation der Kontrollen direkt auf den Aufnahmebelegen

5.1 Freigabe

Die Freigabe erfolgt nach:

• vollständigem Rücklauf der Inventurbelege
• Durchführung der Kontrollen
• Abschluss evtl. notwendiger Neuzählungen

5.2 Inventurzusammenstellung

Nach dem vollständigen Rücklauf aller Inventurbelege und Ablage im Inventurordner werden die Blätter mit einer fortlaufenden Nummer versehen. Die Seitenzahlen der einzelnen Aufnahmebeereiche sind in einer Liste der sog. „Inventurzusammenstellung“ einzutragen. Die Inventurzusammenstellung ist als oberstes Blatt im Inventurordner abzulegen. Sämtliche Inventurunterlagen (Zusammenstellungen, Pläne, Protokolle, Aufnahmebelege, Listen, Zettel usw.) sind auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen.

5.3 Aufbewahrungsfristen (§ 257 HGB, § 147 AO)

Die gesetzliche Aufbewahrungspflicht beträgt 10 Jahre für folgende Inventurunterlagen

• Aufnahmebelege
• angefertigte Protokolle
• Inventuranweisungen
• Inventurkalender

6. Inventuranlässe

Eine Inventur muss aus folgenden Anlässen durchgeführt werden:

• Bei Beginn des Handelsgewerbes (§ 240 Abs.1HGB)

• Am Ende eines jeden Geschäftsjahres (§ 240 Abs. 2 HGB) wobei das Geschäftsjahr nur auf die Dauer von 12 Monaten festgelegt ist (§ 240 Abs. 2 Satz 2 HGB), also nicht mit dem Kalenderjahr identisch sein muss.

7. Inventurzeitpunkt und Inventurarten

Grundsätzlich ist die Inventur zum Bilanzstichtag, also am 31.12. eines Kalenderjahres oder am Ende eines Geschäftsjahres, durchzuführen. Da dies aus betriebstechnischen Gründen oft nicht möglich ist, hat der Gesetzgeber verschiedene Bestandsaufnahmeverfahren gesetzlich geregelt.

7.1 Stichtagsinventur (§ 240 Abs.1 HGB)

Die Inventur für den Bilanzstichtag braucht nicht am Bilanzstichtag vorgenommen zu werden. Sie muss aber zeitnah – in der Regel innerhalb einer Frist von 10 Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag – durchgeführt werden.

Dabei muss sichergestellt sein, dass die Bestandsveränderungen zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Bestandsaufnahme anhand von Belegen oder Aufzeichnungen ordnungsgemäß berücksichtigt werden.

Können die Bestände aus besonderen, insbesondere klimatischen Gründen nicht zeitnah, sonder erst in einem größeren Zeitabstand vom Bilanzstichtag aufgenommen werden, sind an die Belege und Aufzeichnungen über die zwischenzeitlichen Bestandsveränderungen strenge Anforderungen zu stellen.

7.2 Permanente Inventur (§ 241 Abs. 2 HGB)

Bei der permanenten Inventur finden einzelne Inventurhandlungen über das ganz Jahr verteilt statt. Eine auf einen bestimmten Inventurstichtag festgelegte Inventur findet nicht statt.

Die folgenden Voraussetzungen müssen jedoch erfüllt sein:

• In den Lagerbüchern und Lagerkarteien müssen alle Bestände und alle Zugänge und Abgänge einzeln nach Tag, Art und Menge (Stückzahl, Gewicht oder Kubikinhalt) eingetragen werden. Alle Eintragungen müssen belegmäßig nachgewiesen werden.

• In jedem Wirtschaftsjahr muss mindestens einmal durch körperliche Bestandsaufnahme geprüft werden, ob das Vorratsvermögen, das in den Lagerbüchern oder Lagerkarteien ausgewiesen wird, mit den tatsächlich vorhandenen Beständen übereinstimmt. Die Prüfung braucht nicht gleichzeitig für alle Bestände vorgenommen zu werden. Sie darf sich aber nicht nur auf Stichproben oder die Verprobung eines repräsentativen Querschnitts beschränken. Die Regelung in § 241 Abs. 1HGB bleibt unberührt. Die Lagerbücher und Lagerkarteien sind nach dem Ergebnis der Prüfung zu berichtigen. Der Tag der körperlichen Bestandsaufnahme ist in den Lagerbüchern oder Lagerkarteien zu vermerken.

• Über die Durchführung und das Ergebnis der körperlichen Bestandsaufnahme sind Aufzeichnungen (Protokolle) anzufertigen, die unter Angabe des Zeitpunkts der Aufnahme von den aufnehmenden Personen zu unterschreiben sind. Die Aufzeichnungen sind wie Handelsbücher zehn Jahre aufzubewahren.

7.3 Zeitverschobene Inventur (§ 241 Abs. 3 HGB)

Eine Erleichterung für viele Unternehmen (insbesondere für Einzelhandelsbetriebe) ist die zeitverschobene Inventur.

Hierbei kann die jährliche körperliche Bestandsaufnahme ganz oder teilweise innerhalb der letzten 3 Monate vor oder der ersten 2 Monate nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden.

Der dabei festgestellte Bestand ist nach Art und Menge in einem besonderen Inventar zu verzeichnen, das auch auf Grund einer permanenten Inventur erstellt werden kann. Der in dem besonderen Inventar erfasste Bestand ist auf den Tag der Bestandsaufnahme (Inventurstichtag) nach den allgemeinen Grundsätzen zu bewerten. Der sich danach ergebende Gesamtwert des Bestands ist dann wertmäßig auf den Bilanzstichtag fortzuschreiben oder zurückzurechnen. Der Bestand braucht in diesem Fall auf den Bilanzstichtag nicht nach Art und Menge festgestellt werden. Es genügt die Feststellung des Gesamtwerts des Bestands auf den Bilanzstichtag.

Die Bestandsveränderungen zwischen dem Inventurstichtag und dem Bilanzstichtag brauchen ebenfalls nicht nach Art und Weise aufgezeichnet zu werden. Sie müssen nur wertmäßig erfasst werden. Das Verfahren zur wertmäßigen Fortschreibung oder Rückrechnung des Gesamtwerts des Bestands am Inventurstichtag auf den Bilanzstichtag muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen.

Nach den Verwaltungsanweisungen können sie nach folgender Formel fortschreiben, wenn die Zusammensetzung des Bestands am Inventurstichtag und am Bilanzstichtag nicht wesentlich voneinander abweichen:

Wert des Bestandes am Inventurstichtag
+ Eingang
– Einsatz (Umsatz – durschnittlicher Rohgewinn)
= Wert des Bestandes am Bilanzstichtag

Entsprechend ist die Formel für die Rückrechnung:

Wert des Bestandes am Inventurstichtag
– Eingang
+ Einsatz (Umsatz – durschnittlicher Rohgewin)
= Wert des Bestandes am Bilanzstichtag

Eingang und Einsatz beziehen sich jeweils auf die Zeit zwischen Inventurstichtag und Bilanzstichtag. Unter Umsatz versteht man den wirtschaftlichen Umsatz.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme von steuerlichen Vergünstigungen, für die es auf die Zusammensetzung am Bilanzstichtag ankommt, wie z. B. bei der Bewertung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 a EStG ist jedoch, dass die tatsächlichen Bestände dieser Wirtschaftsgüter am Bilanzstichtag durch körperliche Bestandsaufnahme oder durch permanente Inventur nachgewiesen werden.

WICHTIG! Eine permanente oder eine zeitverschobene Inventur ist nicht zulässig:

• für Bestände, bei denen durch Schwund, Verdunsten, Verderben, leichte Zerbrechlichkeit oder ähnliche Vorgänge ins Gewicht fallende unkontrollierbare Abgänge eintreten, es sei denn, dass diese Abgänge auf Grund von Erfahrungssätzen schätzungsweise annähernd zutreffend berücksichtigt werden können.

• für Wirtschaftsgüter, die – abgestelt auf die Verhältnisse des jeweiligen Betriebs – besonders wertvoll sind.

7.4 Stichprobeninventur (§ 241 Abs. 1 HGB)

Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Stichprobeninventur als Methoder der Bestandsaufnahme gesetzlich zugelassen.

Nach dieser Methode darf bei der Inventur der Bestand der Vermögensgegenstände nach Art, Menge und Wert auch mit Hilfe anerkannter mathematisch-statistischer Methoden auf Grund von Stichproben ermitteltwerden.

Der Aussagewert des auf diese Weise aufgestellten Inventars muss dem Ausgangswert eines auf Grund einer körperlichen Bestandsaufnahme aufgestellten Inventars gleichkommen.

Kennzeichen einer Stichprobeninventur ist, dass nicht alle Lagerbestände aufgenommen werden. Nur ein Teil der Vorräte (eine Stichprobe) wird körperlich aufgenommen.

Mit Hilfe dieser Stichprobe werden Aussagen über den Inventurwert des gesamten Vorratsvermögens getroffen.

8. Bewertungsverfahren

8.1 Einzelbewertung (§ 256 Abs. 1 Nr. 3 HGB)

Grundsätzlich sind die Vermögensgegenstände und Schulden zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten.

Der Grundsatz der Einzelbewertung findet jedoch dort seine Grenzen, wo die Einzelbewertung aus praktischen Gründen nicht durchührbar ist (z. B. bei der Vermischung von chemischen Flüssigkeiten) oder zu einem nicht vertretbaren Arbeitsaufwand führt (z. B. bei Schrauben und Nägeln in hoher Anzahl).

Deshalb darf auch bei der Bilanzierung von Erleichterungen Gebrauch gemacht werden. die bei der Inventur zugelassen sind (§ 256 Satz 2 HGB).

Dazu gehören die Festbewertung (§ 240 Abs.3 HGB i. V. m. § 256 HGB) und die Gruppenbewertung(§ 240 Abs. 4 HGB i. V. m. § 256 HGB).

8.2 Festwertverfahren (§ 240 Abs. 3 HGB)

Voraussetzung für den Ansatz eines Festwerts ist, dass die Vermögensgegenstände in ihrem Gesamtwert von nachrangiger Bedeutung sind und ihr Bestand infolge von regelmäßiger Ergänzung in seiner Größe, seinem Wert und in seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Der Festwertansatz ist beschränkt auf Sachanlagen sowie auf Roh- Hilfs- und Betriebsstoffe.

8.3 Gruppenbewertung (§ 240 Abs.4 HGB)

Bei der Gruppenbildung können gleichartige und annährend gleichwertige Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens zusammengefasst und mit einem gewogenen Durschnittswert angesetzt werden.

9.Video zum Thema Inventur

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Redaktion

ist gelernter kaufmännischer Assistent für Datenverarbeitung sowie Steuerfachangestellter. Er arbeitet aktuell für einer den führenden Wissens- und Informationsdienstleister in den Bereichen Recht, Wirtschaft und Steuern im Bereich Softwareberatung. Er verfügt über mehrjährige Berufserfahrung im Bereich Buchhaltung in den untererschiedlichsten Branchen und ist Autor von Fachpublikationen verschiedener Verlage.