Wenn Sie eine Kapitalgesellschaft gründen und als Verantwortlicher die Geschäfte des Unternehmens führen, haben Sie zunächst einmal die gleichen Rechte und Pflichten in Bezug zum Jahresabschluss wie als Geschäftsführer einer Personengesellschaft. Allerdings müssen Kapitalgesellschaften wie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG) neben den allgemeinen Rechnungslegungsvorschriften (§§ 238 – 263 HGB) für alle Unternehmensformen auch die Spezialvorschriften für Kapitalgesellschaften (§§ 264 – 289a HGB) beachten.
Der Grund liegt in den erweiterten Schutzbedürfnissen der Gläubiger und Anteilseigner (vor allem Kleinaktionäre). Bei Kapitalgesellschaften ist nur das Eigenkapital Haftungsmasse, Gesellschafter sind hier nicht mit ihrem Privatvermögen in der Pflicht. Aus Sicht der Gläubiger bedeutet das ein höheres Risiko. Handelsrechtlich müssen die Kapitalgesellschaften daher mehr Pflichten beim Jahresabschluss erfüllen.
Pflichten für Kapitalgesellschaften
Die erweiterten Pflichten für Kapitalgesellschaften sind:
- Ein detailliertes Schema für die Bilanz (§ 266 HGB) und die Gewinn- und Verlustrechnung (§ 275 HGB): Hier wird genau vorgeschrieben, wie die Bilanz und die GuV aufgegliedert und strukturiert sein müssen. Weiterhin sind die Vorjahresbeträge der einzelnen Bilanzpositionen mit anzugeben. Wichtig ist zudem, dass die Forderungen und Verbindlichkeiten nach kurzfristigen und langfristigen Positionen unterteilt werden, um einen besseren Einblick in die Liquidität zu gewähren. Das Eigenkapital muss in einer besonderen Aufgliederung dargestellt werden – Gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklage, Gewinnrücklage, Gewinn-/Verlustvortrag und Jahresüberschuss/-fehlbetrag.
- Ein umfassender Anhang: Hier sind die Erläuterungen und Ergänzungen zu den Bilanzpositionen sowie der GuV ausführlich darzustellen (§§ 284f HGB). Dazu zählen die Beschreibung der Bewertungsmethoden, ein ausführlicher Anlagespiegel für das Anlagevermögen sowie Details zur Aktivierung von Bilanzpositionen.
- Ein Lagebericht: Im Lagebericht wird der Geschäftsverlauf des Geschäftsjahres dargestellt sowie die Geschäftserwartungen beschrieben (§ 289 HGB). Damit wird ein tieferer Blick in die Geschäfts- und Investitionstätigkeit des Unternehmens gewährt.
- Die externe Prüfung: Der Jahresabschluss muss durch einen externen Wirtschaftsprüfer oder anderweitigen Spezialisten geprüft werden (§§ 316 – 324a HGB). Das verstärkt die Glaubwürdigkeit des Jahresabschlusses für die Bilanzadressaten.
- Veröffentlichung: Der Jahresabschluss muss zudem veröffentlicht werden, das ist die sogenannte Offenlegungspflicht (§§ 325 – 329 HGB). Die Meldung geht an das Handelsregister und an den Bundesanzeiger.
- Kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen zudem eine Kapitalflussrechnung (Cashflow) zur Darstellung der liquiden Mittelentwicklung und einen Eigenkapitalspiegel mit allen Eigenkapitalveränderungen des Geschäftsjahres aufbereiten.
Ausnahmeregelungen nach Unternehmensgröße
Allgemein richtet sich der Umfang der zusätzlichen Pflichten nach der Größe der Kapitalgesellschaft (§§ 267f HGB). Als Merkmale für die Unternehmensgröße werden die Bilanzsumme, die Umsatzerlöse und die Zahl der Arbeitnehmer im Jahresschnitt herangezogen. Wenn mindestens zwei dieser Kriterien zu eine der Größenkategorien passen, wird das Unternehmen in diese Größenordnung kategorisiert.
Insgesamt gibt es vier Größenkategorien. Große Kapitalgesellschaften haben eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro und/oder Umsatzerlöse von mehr als 40 Millionen Euro und/oder mehr als 250 Arbeitnehmer im Jahresschnitt beschäftigt. Zwei dieser drei Kriterien müssen zutreffen. In diesem Fall sind alle oben beschriebenen zusätzlichen Pflichten für den Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft gegeben.
Nach diesem Schema haben mittelgroße Kapitalgesellschaften eine Bilanzsumme von mehr als sechs Millionen Euro und höchstens 20 Millionen Euro und/oder Umsatzerlöse von mehr als zwölf Millionen und höchstens 40 Millionen Euro und/oder mehr als 50 und höchstens 250 Mitarbeiter. Mittelgroße Kapitalgesellschaften dürfen die Bilanz in Kurzform veröffentlichen, müssen Sie aber nach dem vollständigen Schema erstellen, und können den Anhang vor allem um einige detaillierte Informationen zu den Umsatzerlösen und außergewöhnlichen Aufwendungen und Erträgen kürzen.
Kleine Kapitalgesellschaften haben weniger als sechs Millionen Euro als Bilanzsumme und/oder weniger als zwölf Millionen Euro Umsatzerlöse und/oder weniger als 50 Mitarbeiter. Sie dürfen eine verkürzte Bilanz veröffentlichen, sind von der Pflicht zur Erstellung eines Anhangs weitgehend befreit, von wenigen Ausnahmen wie dem Anlagespiegel abgesehen, und müssen auch keinen Lagebericht erstellen. Eine Prüfung durch einen externen Wirtschaftsprüfer muss ebenfalls nicht stattfinden.
Relativ neu ist die Kategorie der kleinsten Kapitalgesellschaft, unter denen vor allem frisch gegründete Unternehmergesellschaften (UG) fallen dürften. Die UG ist dabei als „kleine GmbH“ zu verstehen. Für die Gründung reicht ein Stammkapital von einem Euro. Auch die Jahresabschlusspflichten werden massiv erleichtert: Die Bilanz darf stark verkürzt dargestellt werden, Anhang, Lagebericht und Prüfung werden als Pflichten ausgenommen. Die kleinste Kapitalgesellschaft darf dafür nicht mehr als 350.000 Euro Bilanzsumme und/oder nicht mehr als 700.000 Euro Umsatzerlöse und/oder nicht mehr als zehn Mitarbeiter haben.
Die Erleichterungen der Pflichten beim Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft werden in den §§ 288f HGB beschrieben. Darin werden die Ausnahmen zu den in vorherigen Paragrafen genannten Pflichtangaben dargelegt.
Jahresabschluss der GmbH
Verantwortlich für die Aufstellung des Jahresabschlusses sind bei einer GmbH der oder die Geschäftsführer. Die Frist für die Aufstellung beträgt drei Monate nach Ende des Geschäftsjahres. Für kleine und kleinste GmbHs gilt eine Frist von sechs Monaten (§ 264 (1) HGB).
Vom Aufstellen des Jahresabschlusses bis zur Gewinnverwendung gibt es innerhalb der GmbH einige Formalitäten, die eingehalten werden müssen. Nachdem der oder die Geschäftsführer den Jahresabschluss erstellt haben, prüft gegebenenfalls ein externer Prüfer. Gibt es einen Aufsichtsrat, prüft dieser ebenfalls den vollständen Jahresabschluss und erstellt darüber einen Bericht. Dann gehen sämtliche Unterlagen weiter an die Gesellschafter. Diese entscheiden in der Gesellschafterversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung. Das wird ebenfalls festgehalten und ist Teil der Offenlegung.
Buchhalterisch werden in der Bilanz die einzelnen Eigenkapitalpositionen wie oben benannt aufgeführt. Für die Ergebnisverwendung wird ein eigenes Konto unter diesen Namen geführt. Auf dieses Konto wird zuerst der Jahresüberschuss/-fehlbetrag eingebucht. Dann wird der Gewinn-/Verlustvortrag ebenfalls auf das Konto Ergebnisverwendung gebucht. Je nach Gesellschafterbeschluss ergeben sich dann die weiteren Buchungen.
Wurde eine Zuführung in die Gewinnrücklage beschlossen, wird vom Konto Ergebnisverwendung die Zuführung in die Gewinnrücklage wieder runtergebucht. Weiterhin muss die Körperschaftsteuer und die Abgeltungsteuer der Kapitaleigner verbucht werden. Letztere werden auf dem Konto Sonstige Verbindlichkeiten gegenüber Finanzbehörden eingebucht. Der Teil, der an die Gesellschafter ausgeschüttet wird, kommt dann zunächst auf das Konto Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern. Verbleibt nun auf dem Konto Ergebnisverwendung ein Rest, geht dieser auf das Konto Gewinn-/Verlustvortrag. Damit ist das Konto Ergebnisverwendung wieder aufgelöst.
Jahresabschluss der AG
Verantwortlich für den Jahresabschluss der AG ist der Vorstand. Dieser stellt den Jahresabschluss auf und lässt diesen gegebenenfalls extern prüfen. Die Fristen bis zur Aufstellung sind wie bei der GmbH. Der weitere formale Ablauf ist ähnlich zu dem der GmbH, aber nicht identisch. Der Vorstand legt nach der externen Prüfung den Jahresabschluss dem Aufsichtsrat vor. Dieser billigt nun den Jahresabschluss (Feststellung).
Ein Unterschied zur GmbH besteht dann im Rahmen der Ergebnisverwendung. Während bei der GmbH der Jahresabschluss vor der Ergebnisverwendung aufgestellt wird, ist vor allem bei mittelgroßen und großen sowie kapitalmarktorientieren AGs eine teilweise Verwendung des Jahresergebnisses bei der Aufstellung des Jahresabschlusses bereits berücksichtigt. Das bedeutet, in den Jahresüberschuss/-fehlbetrag werden der Gewinn-/Verlustvertrag sowie die Entnahme aus den Rücklagen und die Einstellung in die Gewinnrücklagen bereits verrechnet. Damit ergibt sich der Bilanzgewinn/-verlust. Über die weitere Verwendung dieser Größe entscheidet dann die Aktionärshauptversammlung.
Buchhalterisch wird diese erste Verrechnung wie auch bei der GmbH erfasst über das Konto Ergebnisverwendung. Der Jahresüberschuss/-fehlbetrag sowie der Gewinn-/Verlustvortrag werden dort eingebucht. Eventuelle Gewinnrücklagenbildung wird dann wieder von der Ergebnisverwendung herausgebucht. Das Konto Ergebnisverwendung wird dann über das Konto Bilanzgewinn geschlossen, das dann in die Schlussbilanz eingeht. Nach Entschluss der Hauptversammlung wird das Konto Bilanzgewinn dann wieder eröffnet, um weitere Gewinnrücklagen einzustellen sowie die Dividendenausschüttung zu verbuchen. Statt einem Konto Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern gibt es dann das Konto Dividende an Aktionäre.
Redaktion
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